SPD Ellertal

Soziale Politik in der Fränkischen Toskana

SPD Ellertal: KKK und der alltägliche, fränkische Wahnsinn

Veröffentlicht am 04.11.2015 in Ortsverein

KlausKarl Kraus - Foto: Thomas Pregl

Klaus Karl Kraus überzeugte im „SPD Kulturherbst Ellertal“

Tiefenellern. „Ja, ist denn heute schon Weihnachten?“, wird sich manch´ einer der Kabarettfans im altehrwürdigen Saal der Brauerei Hönig in Tiefenellern gefragt haben, als ihr Idol Klaus Karl-Kraus mit roter Weihnachtsmütze die Bretter, die gemeinhin die Welt bedeuten sollen, im Rahmen des „SPD Kulturherbst Ellertal“ betrat. Der Weihnachtsmann aus Erlangen ließ die Frage nicht unbeantwortet. Mit „Schrille Nacht, eilige Nacht“, so der Titel seines aktuellen Programms, torpedierte er nicht nur die Mutation der Deutschen liebstes Fest zu einer 82 Milliarden Euro teuren permanenten Konsumveranstaltung, die mit Schoko-Figuren in Staniol schon am 15. August in allen Aral-Tankstellen beginnt, sondern entlarvte auch den ganz alltäglichen, weihnachtlichen Wahnsinn in Franken

Beim Blick in den Hönig-Saal keimten beim ehemaligen Sparkassen-Mitarbeiter, Diplom-Betriebswirt, Dozenten und genialen Sprachkünstler Erinnerungen an die gute, alte Zeit der Kleinkunst auf. „Ich bin zurück im Ursumpf“, bekannte Frankens Lästerzunge gleich zu Anfang seines mit viel Beifall und befreienden Lachen bedachten Auftritts. Das Erfolgsrezept von „KKK“ ist so simpel wie genial - er schaut und haut den Franken gleichermaßen aufs Maul. Das muss mal erst mal können – doch wenn man es kann, dann gehen einem wie Karl-Kraus die Gags und Einsichten nicht mehr aus. Denn letztere findet er zu Genüge in der eigenen Familie und ihrem sozialen Umfeld. Alltägliche Geschichten im alltäglichen Wahnsinn. Oder: Alltäglicher Wahnsinn in alltäglichen Geschichten.

 

Den pubertierenden Fabian, der sich rotzfrech an Halloween an seiner Haustür aufbaut und mit „Süßes oder Saures?“ droht, schlägt er mit der Gegenfrage „Pudel oder Kampfhund?“ in die Flucht, über die elektronische Rentier-Herde in Nachbars Garten zu Weihnachten, die bei Durchbrechung der Lichtschranken zu einem nicht enden wollenden „I wish you a very merry Christmas“-Gebrüll anschwillen, hat er nur beißenden Spott übrig. Sein Vater hat sich so einen dicken Ranzen angefressen, dass bei den Tagesausflügen der Familie in die Fränkische Schweiz „die Säu ab Ebermannstadt schon Alarm gegrunzt haben“. Die Trinkgelage in seiner Familie am Heiligabend noch vor der Christmette sind zwar legendär, aber letztendlich hilft nur ein „Gut, dass wir darüber gelacht haben“ sie aus ihrer Peinlichkeitsecke irgendwie zu befreien.

 

Selber abgefüllt mit Eierlikör verfolgt schon KKK schon als Knabe, wie sein Vater sich auf die Heilige Nacht mit einem eigens kreierten Punsch-Rezept vorbereitet - „da gehört rein, was zuhause da ist“. Und wenn der nach dem Genuss des edlen Gesöffs sich gegen Mitternacht völlig unerwartet dennoch auf einer der letzten drei, vom Pfarrer, „dem Vergeber“, in weiser Voraussicht reservierten „Punsch-Esel-Bänken“ der Kirche wiederfindet, dann wähnt er sich beim Aufwachen, als um ihn herum die Sternwerfer funkeln, im Nürnberger Stadion und lallt begeistert „FCN, FCN, FCN!“

 

Überhaupt Klaus Karl-Kraus und seine „Clubberer“ - das ist eine Never-Ending-Love-Story, die ihre Kraft auch aus der abgrundtiefen Verachtung für den deutschen Rekordmeister zieht. „Dass es fränkische Bayern-Fans gibt – da muss wohl die Erziehung völlig im Arsch gewesen sein“, doziert Kraus, um dann drohend nachzulegen: „Deren Eltern möchte ich mal gerne kennenlernen!“ Viel wohler tut es da seiner FCN-Seele, als sich ein Freunde und er zehn Jahre nach der Studentenrevolution endlich aufraffen und volltrunken nach Besuch einer Kerwa „Ho Ho Ho Chi Minh!“ skandieren. Die Parole wird prompt von ein paar entgegenkommenden Maurern belohnt. „Spielt der beim Club?“, wollen sie wissen.

Dass die Langsamkeit der Franken nicht nur in politischen Dingen, sondern auch in der Sexualität zu deren Wesensmerkmalen gehört, erfährt Kraus in einem der Aufklärungsfilmchen, der erst einige Jahre nach der Filmpremiere in fränkischen Kinos („In Bamberg bisher her noch überhaupt nicht!“) gezeigt wird. Da haucht Helga von der Leinwand: „Gestern hatte ich einen Orgasmus!“ In der Reihe hinter ihm hört er eine Frau zu ihrem Mann flüstern: „Du, einen solchen hätte ich auch mal gerne!“

 

So viel Lästerei muss natürlich vom lieben Gott bestraft werden, das weiß auch KKK. Zwar erfüllt ihm dieser seinen Wunsch nicht in Oberbayern auf einer Bühne („Da ich hätte ich ja Angst vor diesem Dialekt wieder aufzuwachen – der geht doch schon nahtlos ins Kanton-Chinesische über!“), sondern auf fränkischen Brettern zu sterben, doch seine Seele muss, nur zufällig aus einem Lidl-Gurkenglas befreit, in einem Bayern-München-Trikots herumschwirren. Höchststrafe für den bekennenden FCN-Fan. Dass es dennoch Gerechtigkeit zwar nicht auf Erden, dafür aber im Fegefeuer gibt, hilft ein wenig, die lange Zeit bis zur Erlösung zu ertragen. Ein gewisser Uli Hoeneß kommt Karl-Kraus entgegengeflogen – im Clubberer-Leibchen.

Thomas Pregl

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